Die Besessenheit mit der richtigen Körperhaltung ist im Tai Chi darauf zurückzuführen, die beste Position zu finden, um den Körper bestmöglich loslassen zu können und dadurch «Sung» aktiv erzeugen zu können. Die 3-dimensionale Qualität unseres Körpers bedingt, dass auf der einfachsten Ebene Vorder- und Rückseite in ein Gleichgewicht kommen. Es gibt also immer eine gewisse Gegenwirkung von dem, was auf der Körpervorderseite ist, zur Körperrückseite und umgekehrt. Dies ist ein sehr materialistischer Ansatz, aber die Basis, das meist Physische, bildet die Grundlage für die weiteren Aspekte. Daher ist für alle, die tiefer in die Kunst des Tai Chi & Qi Gong einsteigen wollen, die Bedeutung nicht zu unterschätzen.
Das Kua, von dem hier die Rede ist, befindet sich tendenziell auf der Vorderseite des Körpers. Sein Gegenspieler oder, wenn richtig ausgerichtet, sein Zusammenspieler ist das Yao. In diesem Blog findet ihr die konkrete Position des Yao, seine Funktion und einen kurzen Abriss, welche Übungen wichtig sein können.
Lage des Yao
Das Yao befindet sich im unteren Rücken (siehe Abbildung) und ist keine konkrete anatomische Struktur, sondern eher eine Körperregion, die im Tai Chi & Qi Gong spezifische Funktionen hat.
Anatomisch kann man jedoch sagen, dass ein großer Teil des Yao der Thorakolumbalfaszie entspricht. Die Thorakolumbalfaszie ist die Region im Körper, in der einerseits die Faszienschichten am dicksten sind und somit die meisten Verbindungen zu anderen angrenzenden Faszienstrukturen bestehen. Es ist wichtig zu verstehen, dass Faszien nicht wie Knochen oder Muskeln einen Anfang und ein Ende haben, sondern ein ganzes Netzwerk darstellen, das sich durch den ganzen Körper zieht. Damit aber z.B. medizinische Fachpersonen wissen, von welcher Stelle sie sprechen, haben sie den Faszien Bereiche mit Namen zugeordnet, wie z.B. die Thorakolumbalfaszie.
Im Tai Chi spricht man traditionell nicht von Faszie, sondern in den klassischen Texten wird viel mehr von Seide (Silk) gesprochen. Damit ist höchstwahrscheinlich eine ähnliche oder die gleiche Struktur gemeint, wie wir sie als Faszie bezeichnen. Das ganze Thema rund um Seide (Silk)/ Faszie ist im Tai Chi von zentraler Bedeutung, würde aber den Rahmen dieses Blogs bei weitem sprengen. Nur so viel sei gesagt: Wenn sie richtig trainiert, verbunden und geordnet wird, ist die Faszie ein guter Leiter für Qi. Das Yao fungiert also, wenn es geöffnet, aktiviert und verbunden ist, nach außen zu den Extremitäten als Zentralstation. Von hier aus wird im Tai Chi vieles auf der Faszienebene gesteuert. Um dorthin zu gelangen bedarf es allerdings jahrelanges spezifisches Training. Allein das Öffnen des Yao ist harte Arbeit und ein Lehrer, der einem dabei hilft, ist unerlässlich.
Manchmal werden Yao und Ming Men verwechselt und/oder als Synonyme verwendet. Dies ist aus unserer Sicht nicht ganz korrekt. Der Ming Men, übersetzt als Tor des Lebens, ist ein Punkt in der TCM, der sich auf dem Lenkergefäß zwischen L2 - L3 befindet. Er ist offensichtlich sehr wichtig und hat einen starken Einfluss auf den Energetischen Körper. Das Yao, wie oben erklärt, ist größer und umfasst die gesamte Thorakalumbalfaszie. Wenn das Yao geschlossen, verkürzt, kontrahiert ist, ist es sehr unwahrscheinlich, dass der Ming Men offen ist. Die Wechselwirkung ist hier sehr groß.
Funktion des Yao
Das Yao hat mehrere Funktionen, die sich je nach Niveau oder Entwicklungsstufe unterscheiden und welche auf der jeweils vorhergehenden Stufe aufbauen. Zunächst ermöglicht ein offenes Yao das korrekte Hängen des Beckens. Dies wiederum ist die Grundlage für das Sinken des Qi`s. Nach oben ermöglicht es, dass sich das Qi von der Brust lösen und sinken kann. Genauso wie die Schulterblätter, die über den Rücken in das Yao sinken können. Neben weiteren Aspekten ist dies die Grundlage, damit sich eine Aktivierung und Dehnung des gesamten Faszienkörpers ergibt. Wichtig ist hierbei, dass das Aufspannen durch Song (Loslassen) geschieht und als Folge der oben genannten Ausrichtungen auftritt.
Ein offenes Yao hat weiterhin die Funktion, das Füllen des Becken- und Bauchraumes mit Qi zu ermöglichen. Ich erwähne hier bewusst nicht das Dantien (Elixierfeld), das im Qi Gong & Tai Chi so oft fälschlicherweise als synonym mit dem Bauchraum verwendet wird. Darauf näher einzugehen würde den Rahmen dieses Blogs sprengen.
Was für Übungen
Grundsätzlich alles, was das Yao und den Bereich der thorakolumbalen Faszie öffnet. Stretching in alle Richtungen und Tiefen. Es ist mehr als man denkt. Mehr in Bezug auf die Dauer und Regelmäßigkeit der Dehnung und mehr in Bezug auf die Intensität. Zweimal die Woche drei Minuten das Yao öffnen ist bei weitem nicht genug.
Für genauere Details wie wir bei HeavenManEarth Tai Chi das Yao öffnen, kannst du eine unserer Klassen in Brig, Visp, Spiez, Bern, Burgdorf, Baden oder Zürich besuchen. Infos auf www.heavenmanearth.ch. Oder du schaust bei www.discovertaiji.com vorbei. Dort kannst du online mit einem wöchentlichen Video von Sifu Adam Mizner lernen.
Viel Spaß und Geduld beim eigenen Tai Chi Training. Gerne kannst du auch ein Feedback in den Kommentaren hinterlassen und/oder ein Thema/Wunsch angeben, über das du gerne einen Blog lesen würdest.
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